Reinkarnationstherapie

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Die Reinkarnationstherapie oder Rückführungstherapie ist ein esoterisch orientiertes Verfahren. Seine Befürworter halten es für eine Psychotherapie-Methode. Der wissenschaftlich orientierte Lehrbetrieb, sowie die offiziellen Berufsverbände und Krankenkassen lehnen diese Behandlungsmethode ab. Sie geht ähnlich dem religiösen Karmaprinzip davon aus, dass eine Ursache für gegenwärtige Probleme in einem oder verschiedenen früheren Leben liegen kann und durch das Erkennen oder Wiedererleben der Ursache besser verstanden wird, warum bestimmte Probleme gegenwärtig sind. Ein Heilungsversprechen wird nicht abgegeben. Die Methode versucht psychische Verletzungen oder andere Einschränkungen zu heilen, indem die Situation, die der Problemauslöser gewesen sein soll, noch einmal kathartisch durchlebt und mit Mitgefühl für sich selbst und andere Beteiligte aus der Vergangenheit betrachtet wird. Oft werden dazu hypnotische Techniken benutzt.

Reinkarnationstherapie wird durch einzelne Therapeuten oder Schulen praktiziert, aber sie gehört auch zu den Praktiken einiger neureligiöser Gruppen, beispielsweise Scientology, Sonnentempler oder der Gruppe um Heide Fittkau-Garthe. Amerikanische Reinkarnationstherapeuten sind Michael Newton, Morris Netherton, Brian L. Weiss, Bryan Jameison, Maxwell Maltz und Roger J. Woolger, niederländischer Vertreter ist Hans TenDam (Präsident von EARTh – European Association for Regression Therapy), deutsche Vertreter beispielsweise Thorwald Dethlefsen, Jan-Hendrik Günter [1], Trutz Hardo, Jan Erik Sigdell, Christoph von Keyserlingk und Baldur Ebertin, ein Schweizer Vertreter ist beispielsweise Alexander Gosztonyi.

Inhaltsverzeichnis

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Abgrenzung

Von einer Rückführungstherapie ist eine bloße Rückführung zu unterscheiden. Es gibt Angebote, Rückführungen erleben zu lassen ohne therapeutische Zielsetzungen und auch ohne therapeutische Qualifikationen des Rückführenden. Die ersten Erfahrungen Thorwald Dethlefsens auf diesem Gebiet gewann er 1968 in München mit Psychologiestudenten, die lustige Psycho-Experimente ausprobieren wollten. Zu dieser Zeit waren noch keine therapeutischen Absichten beteiligt.[2]

Bei einer Rückführungstherapie wird eine Rückführung durchgeführt mit der Absicht, Probleme im aktuellen Leben zu heilen oder zu lindern. Der Rückführungstherapeut verfügt idealerweise über eine medizinische Ausbildung und ist mit dem Heilen von psychischen Krankheiten vertraut.

Eine Regressionshypnose wird zur Rückholung von Erinnerungen im bisherigen Leben insbesondere zur Integration konkreter unbewältigter Kindheitserlebnisse eingesetzt.

Die Hypnotherapie ist eine allgemein anerkannte Therapiemethode zur Behandlung von Psychischen Störungen, die sich ebenfalls der Hypnotischen Trance bedient. Dabei liegt der Focus jedoch nur auf den Erinnerungen aus dem aktuellen Leben.

Spirituelle Grundlage

Die meisten Richtungen der Reinkarnationstherapie gehen von folgendem aus:

  • Es gibt eine Reinkarnation verbunden mit einer Weiterentwicklung des Individuums über verschiedene Leben (westliche Auffassung der Reinkarnation).
  • Im aktuellen Leben erhält der Mensch die Möglichkeit aus seinen Handlungen in früheren Leben zu lernen (westlich interpretierte Karmalehre).
  • Psychische und körperliche Probleme können durch Erlebnisse in früheren Inkarnationen verursacht werden.
  • Eine Erinnerung an vergangene Leben ist möglich.
  • Durch Vergebung und Liebe können Verstrickungen in frühere Situationen gelöst und größere Freiheit erreicht werden.

Es ist jedoch keine Voraussetzung, um eine Rückführung durchzuführen, dass der Rückführende oder der Klient von diesen spirituellen Grundlagen völlig überzeugt ist. Wenn Zweifel daran bestehen, dann können diese spirituellen Grundlagen als reine Arbeitshypothese verwendet werden. [3] [4]

Geschichte

Bereits in frühen Hypnosen tauchten Imaginationen von Rückführungen in frühere Leben auf. Trotz einigen mentalen und physischen Verbesserungen nach solchen Rückführungen wurden diese Methoden nicht innerhalb eines therapeutischen Rahmens durchgeführt. Andere Vorläufer der heutigen Rückführungstherapie waren Psychiater wie Alexander Cannon in Großbritannien und Inácio Ferreira aus Brasilien, die heutige Probleme mit lang zurückliegenden Traumata zu erklären versuchten. Der erste Psychiater, der damit begann, Menschen so zu behandeln und darüber Veröffentlichungen machte, war Denys Kelsey aus Großbritannien, der 1968 das erste Buch über Rückführungstherapie veröffentlichte. Aber die Methoden die er verwendete, waren immer noch die der klassischen Hypnotherapie.

Seit 1951 wurde in der frühen Scientology-Kirche mit reinkarnationstherapeutischen Methoden gearbeitet.[5] 1978 erschienen Bücher von Morris Netherton, Edith Fiore und Helen Wambach[6]. Einige Methoden des Science-Fiction-Autors und Gründers von Scientology, Ron Hubbard, sollen eine nichthypnotische Form der Reinkarnationstherapie darstellen.[7]

In Deutschland war Thorwald Dethlefsen der Pionier der Reinkarnationstherapie. In den 80ern veröffentlichten und lehrten Leute wie Winafred Lucas, Roger Woolger, Trisha Caetano und Hans TenDam über dieses schnell expandierende Fachgebiet. Seit den späten 80ern hat sich der Begriff Rückführungstherapie, oder Regressionstherapie, bei den Praktizierenden durchgesetzt.

Alexander Gosztonyi begann Mitte der 1960er Jahre in seiner Praxis in Zürich Klienten mit Rückführungen zu therapieren. Seine Erkenntnisse aus über 40 Jahren Rückführungstherapie hat er in mehreren Werken dargelegt.

Von 1966 bis 2005 folgten mehrere Veröffentlichungen von dem in den USA lebenden Psychiater Ian Stevenson. Er untersuchte und dokumentierte viele Berichte von Kindern, die ohne Hypnose von "Erinnerungen" an frühere Leben berichteten. Seine Vorträge und Veröffentlichungen trugen wesentlich dazu bei, dass die Vorstellung der Reinkarnation, sowie die Reinkarnationstherapie in der westlichen Welt bekannt wurde.

Techniken

Die Voraussetzung, um eine Rückführung zu erfahren, ist eine leichte Trance. In diese wird der Klient von den einzelnen Therapeuten auf unterschiedliche Weise geführt:

  • die Trance kann durch Hypnose erzeugt werden
  • sie kann auch durch holotrope Atmung hervorgerufen werden
  • andere Therapeuten arbeiten mit Meditation
  • es gibt auch Menschen, die gelernt haben oder die dazu veranlagt sind, sich selber in diese Trance zu versetzen, ohne solche Techniken anzuwenden.

Eine sorgfältige Vorbereitung einer Rückführungstherapie beginnt mit einem ausführlichen Vorgespräch mit dem Klienten, in welchen die Fragen besprochen werden, die der Klient in seiner Rückführung klären will. Fragen zu folgenden Bereichen werden häufig gestellt:

  • Was ist die Lebensaufgabe der aktuellen Inkarnation?
  • Gibt es Ursachen für Beziehungsprobleme oder Krankheiten, die in der Kindheit des aktuellen Lebens oder in früheren Leben liegen?
  • Kontaktaufnahme mit verstorbenen Angehörigen
  • einfach nur Neugierde, mehr von früheren Leben zu erfahren
  • Einige Rückführungstherapeuten z.B. Dr. Brian Weiss bieten auch Reisen in zukünftige Leben an, um zu sehen, wie die noch bevorstehenden Inkarnationen gestaltet werden und wie man im aktuellen Leben darauf Einfluss nehmen kann.

Bei der eigentlichen Rückführung wird der Klient meistens erst in seine eigene Kindheit geführt. Dabei kann auch das Erleben der Geburt und die Zeit während der Schwangerschaft erinnert werden. Danach führt der Therapeut den Klienten zu dem Ort innerhalb des früheren Lebens, an den er reisen möchte, um seine Fragen beantwortet zu bekommen. Nach dem Betrachten einiger vergangener Leben ist auch ein Betrachten der Zeit im Jenseits zwischen den einzelnen Leben möglich.

Der Reinkarnationstherapheut Trutz Hardo behauptet, dass weder der Therapeut, noch der Klient an frühere Leben glauben müssen, damit diese Therapiemethode erfolgreich angewendet werden kann. Es reicht aus, sich nur auf die aus dem Unterbewusstsein aufsteigenden symbolischen Bilder aus anderen Zeiten zu fokussieren, um Heilungserfolge erzielen zu können.[8]

Es geht bei einer Therapie nicht darum, die Phantasien eines Klienten auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen, sondern es geht um das Aufspüren von Traumata, die im Unterbewusstsein verankert sind und die die freie Entfaltung der Persönlichkeit beeinträchtigen. Wenn es gelingt, diese Traumata aufzulösen, dann hat eine Heilung stattgefunden. Eine eher intellektuell interessante Frage wäre, wann diese Traumata entstanden sind. Doch eine wissenschaftlich nachweisbare Beantwortung dieser Frage ist im Rahmen einer Reinkarnationstherapie nicht wichtig. Wenn ein Klient psychische Probleme hat, die in seinem Unterbewusstsein mit Phantasien oder Bildern von früheren Leben verbunden sind, dann ist das erst mal ein Faktum. Genau da beginnt dann die Arbeit der Reinkarnationstherapie. Die Reinkarnation kann auch nur als reine Arbeitshypothese verwendet werden. Genauso führt Dr. Brian Weiss seine Klienten auch in zukünftige Leben, um die Bilder zu betrachten, die bei seinen Klienten dabei auftauchen. Er behauptet keineswegs, dass die Verganganheit oder die Zukunft seiner Klienten genau so stattgefunden hat bzw. stattfinden wird. Auch er verwendet diesen Blick in die vergangenen und zukünftigen Leben als reine Arbeitshypothese, die offensichtlich und in einigen Fällen sehr schnelle therapeutische Erfolge in der aktuellen Lebenssituation bringt.

Kritik

Reinkarnation ist nicht wissenschaftlich bewiesen

Die Reinkarnationstherapie wird von der wissenschaftlich begründeten Psychotherapie abgelehnt, da die Vorstellung der Reinkarnation trotz zahlreicher Versuche [9] der Reinkarnationsforschung nicht bewiesen wurde.[10]

Einsatz von Hypnose

Kritiker bezweifeln, dass Hypnose dazu geeignet ist, Wahrheiten zutage zu fördern. Es wird vermutet, dass damit lediglich das Fantasieren gefördert wird.

In einigen Ländern ist die Hypnotische Trance zwar vor Gericht zur Überprüfung von Zeugenaussagen zugelassen, jedoch wird sie in Deutschland genauso wie ein Lügendetektortest nicht als beweiskräftig angesehen.

Für den Einsatz der Hypnose als Therapiemethode spricht jedoch, dass die Hypnotherapie allgemein anerkannt ist und teilweise auch von den Krankenkassen bezahlt wird.

Gefahren bei holotroper Atmung

Kritisiert wird der Einsatz der holotropen Atmung, die bei psychisch labilen Menschen zu einer massiven Verschlechterung des Befindens, im Extremfall zu epileptischen Anfällen und Hirnschäden führen kann.[11]

Risiko bei Heilern mit unzureichendem medizinischen Wissen

Da die Begriffe 'Reinkarnationstherapeut' und 'Rückführungstherapeut' keine geschützten Begriffe sind, haben Anbieter in vielen Fällen keine medizinische Ausbildung. So besteht die Gefahr, dass medizinische Kontraindikationen nicht erkannt werden oder sich ergebende psychische Probleme aus der Rückführungserfahrung nicht mit der gebührenden Sorgfalt behandelt werden. Wer sich in Deutschland vor Heilern mit mangelndem medizinischen Wissen schützen will, sollte darauf achten, dass der Rückführungstherapeut, dem man sich anvertraut, eine Approbation als Arzt oder eine Zulassung als Heilpraktiker hat.

Kryptomnesie

Unter Kryptomnesie versteht man das Wiedererinnern von im Gedächtnis verborgenen Erlebnissen. Ein Beispiel dafür findet sich im Buch von Dr. Moody ´Leben vor dem Leben´: Der Schmalfilmindianer. – Bei einer Rückführung erlebt sich ein Mann als Mitglied einer frühen Indianerkultur im Südwesten der USA. Er kann seine Siedlung deutlich beschreiben und schildert auch die umgebende Landschaft im Detail. Ein paar Monate später war er zu Besuch bei seinen Eltern, und sie sahen gemeinsam uralte Schmalfilme von früheren Ferienreisen der Familie an. Einer dieser Filme entsprach exakt den bei der Rückführung erlebten Erinnerungen. Es liegt daher der Schluss sehr nahe, dass sich dieser Mann nicht an ein früheres Leben erinnerte, sondern nur an vergessen geglaubte Filme.

Kritik an der Meinung von Trutz Hardo

Dem oben zitierten Reinkarnationstherapeuten Trutz Hardo wird vorgeworfen, den Nationalsozialismus zu verharmlosen. In dem 1996 veröffentlichten Buch Jedem das Seine stellt er den Holocaust als eine kollektive karmische Reinigung dar: Die ermordeten Juden hätten sich ihr Schicksal selber ausgesucht, da sie sich in früheren Leben schuldig gemacht hätten. 1998 wurde er deshalb vom Amtsgericht Neuwied wegen Volksverhetzung in Tateinheit mit Beleidigung und der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener zu einer Geldstrafe verurteilt.

Organisation

Organisationen, die an der professionellen Entwicklung dieses Fachgebiets beteiligt sind, sind die International Association for Regression Research and Therapies,[12] das International Board for Regression Therapy,[13] der World Congress for Regression Therapists[14] und die European Association for Regression Therapy EARTh.[15]