Nazca-Linien

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Scharrbilder bei Nazca*
UNESCO-Welterbe
UNESCO-Welterbe-Emblem

Nazca-lineas-perro-c01.jpg
Tierfigur
Staatsgebiet:PeruPeru Peru
Typ:Kultur
Kriterien:i, iii, iv
Referenz-Nr.:700
 
Region: ªAmerika
Geschichte der Einschreibung
Einschreibung:1994  (Sitzung 18)
Gefährdet:jahrelang unbemerkt und dadurch teilweise durch Menschenhand (z. B. Straßen) zerstört

* Der Name ist auf der Welterbe-Liste aufgeführt.
ª Die Region ist von der UNESCO klassifiziert.

-14.720555555556-75.150277777778Koordinaten: 14° 43′ 14″ S, 75° 9′ 1″ W | |

Karte: Peru
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Nazca-Linien

Die Nazca-Linien, oft auch Nasca-Linien geschrieben, sind riesige Scharrbilder (Geoglyphen) in der Wüste bei Nazca und Palpa in Peru. Benannt sind die Linien, die Wüste und die Kultur nach der unweit der Ebene liegenden Stadt Nazca. Die Nazca-Ebene zeigt auf einer Fläche von 500 km² schnurgerade, bis zu 20 km lange Linien, Dreiecke und trapezförmige Flächen sowie Figuren mit einer Größe von zehn bis mehreren hundert Metern, z. B. Abbilder von Menschen, Affen, Vögeln und Walen. Oft sind die figurbildenden Linien nur wenige Zentimeter tief. Durch die enorme Größe sind sie nur aus großer Entfernung zu erkennen, zum Beispiel aus Flugzeugen.

Eine systematische Erkundung und Vermessung zusammen mit archäologischen Grabungen im Umfeld und zum Teil in den Linien zwischen 2004 und 2009 konnte ihre Entstehung und ihren Zweck mit hoher Wahrscheinlichkeit klären: Es handelte sich nach neuesten Forschungsergebnissen vermutlich um Anlagen im Rahmen von Fruchtbarkeitsritualen, die im Zeitraum von 800 bis 600  v. Chr errichtet und durch periodische Klimaschwankungen veranlasst wurden.[1]

Inhaltsverzeichnis

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Entdeckung

Entdeckt wurden die Nazca-Linien erst 1924, als die ersten kommerziellen Fluglinien über die Nazca-Wüste flogen und Passagiere die Linien ausmachten. Entstanden sind die Bilder durch Entfernung der oberen Gesteinsschicht, die von Wüstenlack überzogen ist. Dieser Wüstenlack besteht aus einem rostroten Gemisch aus Eisen- und Manganoxiden. Dadurch kommt das hellere Sedimentgemisch zum Vorschein und bildet deutlich sichtbare, beigegelbe Linien. Die mysteriösen Zeichner lebten in den Tälern des Río Názca, Río Pálpa und Río Ingénio. Die Pyramidenstadt Cahuáchi soll geistig-religiöses Zentrum gewesen sein.

Erforschung und Theorie

Anhand archäologischer Vergleiche der Bilder in der Pampa mit Motiven auf Keramiken der Nazca-Periode wurde angenommen, dass die Geoglyphen während der Zeit der Nazca-Kultur entstanden sind, die zeitlich zwischen 200 v. Chr. und 600 n. Chr. anzusiedeln ist. Heute weiß man, dass die ältesten Figuren bereits etwa zwischen 800 v. Chr. und 200 v. Chr. in der Zeit der Paracas-Periode entstanden sind.

Gerade ihrer unbekannten Entstehung wegen wurden verschiedene Theorien über diese Linien entwickelt. Nur aus einer gewissen Höhe kann man die vollständigen Figuren erkennen. Toribio Mejia Xesspe, der sich 1927 als erster wissenschaftlich mit den Bildern beschäftigte, interpretierte sie als „große Artefakte der Inkazeremonien“ und deutete die Linien als religiös-zeremonielle Straßen.

Weltweit bekannt wurden sie nach 1949 durch die Arbeit der Deutschen Maria Reiche, die sich, seit sie zum ersten Mal 1941 die Linien studierte, bis zu ihrem Lebensende 1998 unermüdlich für Schutz und Erhalt dieser Wüstenfiguren einsetzte und sich um deren Interpretation bemühte. Viele der Figuren sind durch Fuß- und Autospuren zerstört worden. Erst durch die Initiative Reiches ergriff die peruanische Regierung Maßnahmen, um eine weitere Zerstörung zu verhindern. Auf Maria Reiches Betreiben hin wurden die Geoglyphen 1994 von der UNESCO als „Linien und Bodenzeichnungen von Nasca und Pampa de Jumana“ zum Weltkulturerbe erklärt. Reiches ursprünglicher, von Paul Kosok, einem Spezialisten für antike Bewässerungssysteme inspirierter Ansatz, einen riesigen aufgezeichneten Kalender in den Figuren zu sehen, wird heute nur noch bedingt geteilt. Immer noch ist vieles ungeklärt, jedoch wird eine Mischung aus agrikultureller, astronomischer und religiöser Bedeutung der Linien angenommen. So gibt es deutliche Zusammenhänge zwischen den Richtungen mancher Linien und Sonnwendpunkten. Von den Tierfiguren wird angenommen, dass sie als rituelle Pfade bei Zeremonien dienten und dass auf ihnen Opfergaben hinterlegt wurden.

Nach zahlreichen Spekulationen haben sich gut zwei Dutzend Theorien herauskristallisiert. Georg von Breunig hat in den 1980er Jahren eine umfassende Analyse über die Nazca-Linien in der venezolanischen Zeitschrift Interciencia veröffentlicht[2][3][4][5][6], in der er darstellt, dass die ganze Hochebene von Nazca eine gigantische Sportarena ist. Diese Auffassung vertrat ebenfalls Hoimar von Ditfurth.[7][8] Helmut Tributsch von der FU Berlin meinte, es handele sich um Anlehnungen an Fata Morgana, um Wasser herbeizuschaffen. August Steimann, der die Geoglyphen in den 1970er-Jahren untersuchte, sah darin Startplätze für Fesseldrachen.[9]

Inzwischen sind 89 km² der Pampa um Palpa und 1.500 Geoglyphen an der ETH Zürich in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Archäologischen Institut (KAAK Bonn) photogrammetrisch vermessen und 639 davon genau beschrieben, klassifiziert und archäologisch untersucht. Im Jahre 2005 wurden ca. 50 weitere Scharrbilder erstmals systematisch erfasst, die ein Gebiet von rund 145 km² bedecken. Sie sollen zwischen 600 v. Chr. und 100 v. Chr. entstanden sein. Heute werden Artefakte mit einem ferngelenkten Spezialmodellhubschrauber und dem GPS exakt vermessen und erforscht.

Im Jahr 2011 entdeckten japanische Wissenschaftler 138 weitere Hügel und Linien. Außerdem wurden auch zwei neue Bodenzeichnungen, ein menschlicher Kopf und die Darstellung eines Tieres, gefunden. Sie wurden bis jetzt wahrscheinlich nicht entdeckt, weil sie relativ klein sind und deshalb vom Flugzeug aus nicht gesehen werden können.[10][11]

Durch die Forschungen des DAI unter der Bezeichnung „Andentranssekt - Siedlungsdynamik zwischen Meeresküste und Altiplano der Anden“ wurden erstmals Siedlungen, Gräber, Petroglyphen und Geoglyphen der Region systematisch erfasst und besonders geeignete Fundorte ergraben.[12] Unerwartetes Ergebnis war, dass das Gebiet trotz der harschen klimatischen Bedingungen von der frühen Formativzeit, also ab ca. 1500 v. Chr., bis zum Kontakt mit Spanien 1532 durchgehend besiedelt war. Geoglyphen wurden erstmals in der Paracas-Zeit zwischen 800 und 200 v. Chr. angelegt, ihren Höhepunkt erreichten sie in der frühen und mittleren Nasca-Zeit zwischen 0 und 450. Die Nasca-Zeit endete um 600, danach wurden auch keine Geoglyphen mehr errichtet. Auf der Hochfläche wurden nicht nur Siedlungsbauten gefunden, sondern auch Gräber und kleine Steingebäude unmittelbar an den Linien, in denen Opfergaben niedergelegt worden waren. Die Ausgräber bezeichnen sie als Tempel. Außerdem wurden Pfostenlöcher gefunden, die als Sichtmarken interpretiert werden. Tempel, Linienfiguren und Sichtmarken zusammen ergeben eine „Rituallandschaft“, die als heilige Plätze der Nasca-Bevölkerung interpretiert wird. Geomorphologische Untersuchungen ergaben, dass auf der Hochfläche seit der Paracas-Zeit eine starke Wüstenbildung stattfand, aber unregelmäßige Flut- und Hochwasserereignisse die Lehmziegelbauten der Bewohner schwer beschädigten. Da diese Klimaveränderung mit der Anlage der Geoglyphen zeitlich zusammenfällt und die Funde in den als Tempel angesprochenen Bauten in Zusammenhang mit Fruchtbarkeit stehen, wird angenommen, dass die Gesamtanlagen als materielle Hinterlassenschaft von Fruchtbarkeitsritualen anzusehen sind.

Nazca-Kultur

Neben den Wüstenlinien gibt es reichhaltige Siedlungsreste, Textilien-, Knochen-, Mumien- und Keramikfunde, die uns die Kultur der Paracas und der Nazca näherbringen. Inzwischen konnten zahlreiche archäologische Querbezüge zwischen diesen Artefaktgruppen hergestellt werden.

Parawissenschaftliche Spekulationen

Eine wissenschaftlich nicht anerkannte Theorie um die Nazca-Linien stammt von Erich von Däniken. [13] Seine weit verbreitete parawissenschaftliche Theorie geht davon aus, dass die Nazca-Linien nicht von Menschenhand, sondern aufgrund ihrer Komplexität nur von außerirdischem Leben geschaffen worden sein könnten. Es wird argumentiert, dass zu der damaligen Zeit die Menschen gar nicht in der Lage gewesen seien, solch riesige Geoglyphen zu errichten, zumal sie diese vom Boden aus nicht ansehen konnten. Daraus folgern die Vertreter dieser Theorie, dass es nur durch die Unterstützung von Aliens möglich gewesen sein könne, die Scharrbilder anzufertigen sowie aus der Luft zu betrachten.

Von Vertretern dieser Theorie wird auch die Spekulation geäußert, dass die linienartigen Darstellungen eine Art Landebahn, bzw. Rollbahnen für die Raumschiffe gewesen sein könnten. Außerdem stelle die Abbildung einer Person mit großen Augen, die von den Einheimischen "Astronaut" genannt werde, in Wahrheit ein Alien im Raumanzug dar. Da es zur Zeit der Nazca-Kultur ein Schönheitsideal gewesen sei, längliche Schädelformen zu besitzen und daher die Köpfe der Kinder künstlich durch Bretter verlängert worden seien (Schädeldeformation), vermuten diese Parawissenschaftler ebenfalls, dass dies die Nachahmung der außerirdischen Lebewesen darstellen könnte, die man möglicherweise als "Götter" verehrte.

Auch wenn die Theorie von Dänikens unter der Mehrzahl der Wissenschaftler als Science Fiction abgelehnt wird, hat sie sich bis heute gehalten und ist eine der berühmtesten Spekulationen um die Nazca-Linien, da die Herkunft und Bedeutung der Linien bis heute nicht als geklärt angesehen wird. [14]

Figuren