Karte des Piri Reis

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Die Karte des Piri Reis ist eine osmanische Seekarte des Zentralatlantiks, die dem Admiral Piri Reis zugeschrieben und in ihrer Entstehung auf den Monat Muharram (9. März bis 17. April) des Jahres 1513 datiert wird. Sie befindet sich im Topkapı-Palast in Istanbul, in dessen Bibliothek sie 1929 für die historische Forschung entdeckt wurde.

Die Karte des Piri Reis

Inhaltsverzeichnis

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Inhalt

Die Karte ist auf Pergament aus Kamelhaut[1] gezeichnet, mit arabischen Schriftzeichen in osmanischer Sprache beschriftet und in einer der Beischriften auf den Muharram des islamischen Jahres 919 (entspricht 1513 in der christlichen Zeitrechnung) datiert. Das Buch von Piri Reis, aus dem diese Karte stammt (Bahriye), ist in zwei Redaktionen aus den Jahren 1521 und 1524 erhalten.[2]

„Diese Karte ist vom armen Mann Piri ben Hadji Mohammed, bekannt als Neffe des Kemal Reis, in der Stadt Gelibolu (Gallipoli) gezeichnet worden – möge sich Gott der beiden erbarmen – im Monat Muharram des Jahres 919.[1]

Sie zeigt neben schon lange bekannten Gegenden Westeuropas, des Mittelmeers und Nordafrikas auch Küstenlinien Westafrikas sowie Nord- und Südamerikas. Diese Küstenlinien stimmen in Europa, Afrika und Südamerika in einer Reihe von Punkten mit den tatsächlichen Gegebenheiten überein, enthalten aber gleichzeitig Ungenauigkeiten und auch Fehler. Markante Landpunkte (Buchten, Flussmündungen, Inseln) sind - wahrscheinlich als Navigationshilfen - stark vergrößert dargestellt. Beim linken oberen Teil der Karte können die in die Karte eingearbeiteten Fragmente den realen Landpunkten des Golfs von Mexiko nicht klar zugeordnet werden. Der linke untere Teil der Karte zeigt nach vorherrschender Meinung Südamerika; einzelne Autoren meinen darin aber auch die Nordküste Südamerikas oder gar Südamerika mit der Antarktis zu erkennen.

Die Küste Südamerikas ist in mäßigem Detailreichtum zu sehen und in den Elementen von heutigen Kartenwerken wiederzuerkennen. Erklärungsbedürftig sind dabei aber die auf der Karte der Küste vorgelagerten Inseln, zu denen es in der Realität keine Entsprechung gibt, sowie der Umstand, dass die Küstenlinie im Süden nach Osten fortgesetzt wird.

„Deutlich erkennbar im südlichen Bereich der Ostküste Südamerikas ist die Mündung des Rio de la Plata, ....[1]

„Features on the South American coast down to southern Brazil can be identified with certainty. Beyond that, though, the map is fantasy. It doesn't match either South America or Antarctica very well. (Bestimmte Charakteristika der Küste Südamerikas hinunter bis nach Südbrasilien können mit Sicherheit identifiziert werden. Darüber hinaus ist die Karte aber reine Phantasie. Sie stimmt weder mit Südamerika noch der Antarktis wirklich überein.)[3]

Die Inseln können auf Irrtümer hinsichtlich der Lage, der Größe oder der Existenz von Inseln zurückzuführen sein. Dass der Atlantik durch die Kugelgestalt der Erde im südlichen Bereich die umliegenden Kontinente näher zusammenrückt, mag ein weiterer Aspekt sein, der hier auf dieser Karte seinen Niederschlag fand.

Nach anderen Deutungen[4] ist die Küste Südamerikas aus mehreren Karten zusammengestückelt. Die Küstenlinie von Kap Frio bis Kap Bianca fehlt, auch fehlt die Drakestraße zwischen Südamerika und Antartika, jedoch ist die Küste Antartikas durchaus stimmig wiedergegeben und dies 300 Jahre vor ihrer offiziellen Entdeckung. Die Autoren Hertel/Klügel-Hertel gehen davon aus, dass hier portugiesisches Kartenmaterial als Vorlage diente. Die damals noch nicht festgelegten unterschiedlichen Projektionen verschiedener Karten führten wohl auch dazu, dass Küstenlinien fehlten, andere doppelt erschienen. Piri Reis eroberte mehrere portugiesische Stützpunkte auf der arabischen Halbinsel. Dabei könnte ihm das Kartenmaterial in die Hände gefallen sein, welches die Portugiesen ansonsten geheim hielten. Der tatsächliche Umfang des damaligen portugiesischen geografischen Wissens ist heute nicht mehr zu ermitteln. Sämtlich Erkenntnisse verbrannten, als Francis Drake 1587 Sagres eroberte und das Schloss niederbrannte, in dem dereinst das wissenschaftliche Institut Heinrich des Seefahrers untergebracht war, in welchem alle Entdeckungen und Karten der Portugiesen aufbewahrt wurden. Diese Schätze der Bibliothek wurden ein Opfer der Flammen.

Entstehung der Karte

Historische Quellen

Zur Frage, wie Piri Reis an die in der Karte enthaltenen Informationen gelangt ist, gibt es verschiedene Spekulationen. Piri Reis gibt selbst an, mindestens 20 Karten zur Herstellung der Piri-Reis-Karte verwendet zu haben. Offensichtlich sind ihm dabei Fehler unterlaufen, welche die Ungenauigkeiten hervorriefen. Piri Reis nimmt Bezug auf die Reisen von Christoph Kolumbus, die in die Karibik führten.

„Im Text, der im südlichen Teil Südamerikas wiedergegeben ist, werden etwa 20 See- und Weltkarten erwähnt, unter ihnen auch eine Karte der westlichen Region, die von Qulünbü (Kolumbus) gezeichnet worden sei.[1]

Die Karibik wird aber in der Karte sehr ungenau wiedergegeben. Es wird daher vermutet, dass für diesen Teil der Karte andere Quellen für die Erstellung verwendet wurden. Auf der Karte befinden sich Kommentare, die ausdrücklich davon sprechen, dass das Wissen portugiesischer Seefahrer in die Karte eingeflossen ist. Unklar ist jedoch, ob dies lediglich die östliche oder auch die westliche Atlantikküste betrifft. Immerhin sind die Küstenlinien Südamerikas relativ gut aufgelöst, was eventuell den Portugiesen zugerechnet werden könnte. Einige vermuten hierzu, dass die portugiesische Krone schon lange vor Kolumbus über genauere Kenntnisse dieser Gebiete verfügt hätte, die aber als Staatsgeheimnis zu Gunsten der eigenen Seefahrer gehütet worden wären.

„.......die verloren geglaubte Karte des Kolumbus zu überliefern. Vom südlichen Teil musste man annehmen, dass er auf eine portugiesische Karte zurückgehe.[5]

Gestützt wird diese Hypothese dadurch, dass Kolumbus zuerst in Portugal Unterstützung suchte, bevor er mit Erfolg bei der spanischen Krone vorstellig wurde. Auch der Umstand, dass Columbus Glasperlen und andere Waren mit an Bord genommen hatte, um damit Handel zu treiben, wird zur Stützung dieser These herangezogen.

Kartometrische Untersuchungen zeigten, dass die Genauigkeit der Piri-Reis-Karte deutlich schlechter war als die von Juan de la Cosa. Juan de la Cosa begleitete Kolumbus auf mehrere Fahrten nach Amerika.

„Vergleicht man die Ergebnisse dieser Untersuchung mit der Genauigkeit der Karte des Juan de la Cosa aus dem Jahre 1500 .... , so werden bemerkenswerte Unterschiede ersichtlich. Juan de la Cosa nahm als Eigner des Flaggschiffes Santa Maria im Jahre 1492 an der Entdeckung Amerikas teil und verfügte bezüglich der Darstellung Amerikas offensichtlich über bessere Quellen.[6]

Andere Untersuchungen konnten aufzeigen, dass die Spanier und Portugiesen schon viele Jahre vor Piri Reis bessere Resultate bezüglich der Kartografie in der Darstellung der Neuen Welt erzielten.

„Ich möchte meine vorangegangenen Ausführungen kurz zusammenfassen: Von den vier besprochenen Karten scheinen drei, nämlich die von Piri Reis, Juan de la Cosa und Alberto Cantino, miteinander verwandt, ohne daß eine von der anderen kopiert zu sein scheint. Es ist möglich, daß sie auf eine gemeinsame Vorlage zurückgehen.[7]

Esoterik

Unter der Voraussetzung, dass die Karte genau sei und Gebiete zeige, die zum Zeitpunkt ihrer Erstellung teilweise noch nicht von Europäern entdeckt waren, vertritt Erich von Däniken die These, der Zeichner müsse hierfür eine Vorlage gehabt haben, die aus großer Höhe erstellt worden sei. Dazu seien moderne Methoden der Fernerkundung, von Flugkörpern oder gar Satelliten, nötig gewesen. Die eigenwillige Verzerrung der Karte sei dadurch entstanden, dass Piri Reis ein Foto, aufgenommen aus großer Höhe über Kairo, als Vorlage benutzt hätte.[8] Dies führt er als Beweis für seine These an, die Erde sei in der Frühzeit von Außerirdischen besucht worden (siehe Prä-Astronautik). Diese Theorie ist nicht haltbar, da von Kairo aus in jeder Höhe Südamerika und die Antarktis unterhalb des Horizonts bleiben. Erich von Däniken zeigt in den ersten Ausgaben seines Buches Erinnerungen an die Zukunft eine Kairo-zentrierte Karte der US-Luftflotte aus dem Zweiten Weltkrieg als Piri-Reis-Karte, entweder als bewusste Lesertäuschung oder aus Unkenntnis der tatsächlichen Karte. Die USAAF erstellte die winkelgetreue Karte zur Navigation der von Kairo aus operierenden Luftstreitkräfte, bei der nicht die Entfernungen stimmen, sondern die Winkel (schiefe Mercator-Projektion).